28. September 2011

Plenarrede zum „Eisernen Rhein“

Liebe Freundinnen und Freunde,

wegen des großen Interesses am aktuell gewordenen Thema „Eiserner Rhein“ ist folgt die Abschrift meiner heutigen Rede: 

Arndt Klocke (GRÜNE): Danke. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir waren vor zwei Wochen mit dem Verkehrsausschuss in den Niederlanden und haben uns dort sowohl in Rotterdam die Zweite Maasvlakte als auch die geplanten Containerhubs an der deutsch-niederländischen Grenze angeschaut.

Klar ist, dass es in den nächsten Jahren zu einem immensen Zuwachs im Güterverkehr, im Containerverkehr kommen wird. Das, was wir heute auf den Straßen haben, ist zum Teil nur ein Klacks im Vergleich zu dem, was wir in zehn, 15 Jahren zu erwarten haben. Deswegen ist klar, dass bei dem Projekt Eiserner Rhein der Stillstand, den es in den letzten vier bis fünf Jahren bei dem Projekt gegeben hat, beendet werden muss. Von daher ist es gut, dass heute die Debatte geführt wird.

Das Projekt braucht Schwung, sonst werden wir in den nächsten Jahren auf den Autobahnen von Lkws überrollt werden. Das bedeutet mehr Lärm, mehr Schadstoffe und mehr Stau auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen. Deswegen ist es gut, dass eine Allianz zusammengefunden hat, die vielleicht etwas ungewöhnlich ist, in dem Fall Rot-Grün mit der FDP. Ein Dank geht an Christof Rasche, der dieses Thema in den letzten Wochen und Monaten mit vorangetrieben hat.

Wir wollen, dass Schwung in das Projekt Eiserner Rhein kommt. Aber wir wissen: Bevor ein erster Zug auf dieser Strecke fahren wird, werden noch viele Jahre ins Land gehen. Wir sind am Anfang, aber wir wollen, dass dieses Projekt in den nächsten Jahren vorangetrieben wird.

Das Problem ist – Jochen Ott hat es eben klar angesprochen – die Haltung der Bundesregierung bei diesem Projekt. In der nächsten Woche soll ein interessanter Schulterschluss geübt werden – auch das hat Jochen Ott eben angesprochen –: Zusammen mit der Bahn, den Niederlanden und Belgien soll der Zug aufs Abstellgleis geschoben werden. Wir wissen alle: Die historische Trasse ist die Null-Variante. Die historische Trasse wird nie realisiert werden, unter anderem deswegen, weil sie durch ein Naturschutzgebiet führen würde.

Wer heute beim Eisernen Rhein auf die historische Trasse setzt, setzt darauf, dass dieses Projekt nie umgesetzt, nie realisiert wird.
(Beifall von den GRÜNEN, von der SPD und von der FDP)

Und das gilt es zu verhindern. Da geht es auch über Parteigrenzen hinweg darum, dass die NRW-Interessen deutlich hervorgehoben werden, in diesem Fall gegen die Planungen der Bundesregierung. Die Landesregierung ist aufgefordert, wenn wir heute diesen Beschluss hier fassen, möglichst schnell in Berlin zu intervenieren, das deutlich zu machen, damit die Bundesregierung nicht gegen die Interessen des größten und verkehrsreichsten Bundeslandes handelt. Ich bitte den Minister, wenn wir den Beschluss heute fassen, entsprechend aktiv zu werden.

Denn es gibt diese unheilige Nordallianz in Berlin – die gab es aber auch schon in vorherigen Bundesregierungen –, in der die Interessen der norddeutschen Bundesländern, der norddeutschen Seehäfen, aber im Verkehrsbereich auch der süddeutschen Bundesländer, insbesondere beim Schienentrassenbau, deutlich Priorität vor allem haben, was aus Nordrhein-Westfalen kommt. Das muss sich in den nächsten Monaten und Jahren dringend verändern, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall von Sören Link [SPD])

Für uns Grüne ist klar: Die Planung braucht eine neue Trasse, nicht die historische Trasse. Wir werden in diesem Zusammenhang die A 52-Variante sehr ernsthaft prüfen.

Zeitungsberichte, die man heute oder gestern lesen konnte, wonach die A-52-Trasse kurz vor dem Bau stehe, sind nicht richtig. Ich bitte alle Kollegen, die ernsthaft Interesse haben, dass der Eiserne Rhein realisiert wird, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen.
Uns Grünen geht es auch darum, ausreichend Bürgerbeteiligung am Niederrhein herzustellen, damit die Leute, die von einem Neubau einer Trasse betroffen wären, ausreichend gehört werden. Wir brauchen keine Planung à la Stuttgart 21 in diesem Bereich an diesem Punkt in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wollen im Vorhinein die Leute einbeziehen und nicht erst dann, wenn der Bau kurz bevorsteht und Leute protestieren, sodass dann alles wieder zurückgeholt werden muss.
(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

-Ja, protestieren, das verstehen Sie nicht, Herr Berger. Das haben Sie in Ihrem Leben wahrscheinlich noch nie gemacht. Aber in Stuttgart haben es die Leute zu Hunderttausenden gemacht. Was das für Ihre Landesregierung bedeutet hat, das haben wir bei der Landtagswahl im Frühjahr gesehen.
(Beifall von den GRÜNEN)

Ich freue mich, dass die CDU an diesem Punkt zur Vernunft gekommen ist. In der Ausschusssitzung in der letzten Woche sah das zunächst anders aus. Da gab es einen Entschließungsantrag vonseiten der CDU, in dem Rot-Grün eine ideologische Verkehrspolitik vorgeworfen wird. Ideologisch ist in dem Zusammenhang, wenn man darauf setzt, dass man Schienenverkehr und Wasserverkehr fördert.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Da ist es sehr interessant, dass Sie – ich habe es Ihnen im Ausschuss vorgetragen – genau diese Punkte in Ihrem eigenen schwarz-gelben Koalitionsvertrag auf Bundesebene festgeschrieben haben. Sie setzen prioritär darauf, dass Güterverkehr auf Schiene und Wasserstraße umgelegt werden soll. Im Ausschuss haben Sie letzte Woche etwas ganz anderes erklärt. Gut, Schwamm drüber. Das ist jetzt ja auch schon eine Woche her.  Sie haben uns heute einen Entschließungsantrag vorgelegt, dessen Punkt 1 SPD und Grüne auf jeden Fall zustimmen können, nämlich dass der Landtagsbeschluss von 2007 prioritär weiterverfolgt werden soll.
(Beifall von der CDU)

Ich finde, das ist ein gutes Signal; denn damit ist klar, dass das Parlament – die Fraktionen – zusammenarbeitet. Wir haben ein Interesse daran, dass Bewegung in das Projekt kommt. Das ist wichtiger als irgendein parteipolitischer Kleinkram. Deshalb finde ich es gut, dass wir das heute hier zusammen beschließen können.
Meine Redezeit ist zu Ende. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

Abstimmungsergebnis: SPD, GRÜNE, FDP, Linke und zwei CDU-Abgeordnete votierten für einen entsprechenden Eilantrag von SPD und Grünen.

Den Antrag ist <hier zu finden>