4. Mai 2021

Mobilität in NRW neu denken – Beitrag in der aktuellen Grün.Kommt

Fahrradfahren boomt, seit Jahren steigen immer mehr Menschen aufs Rad und sind damit mobil. Durch die Corona-Pandemie hat dieser Trend noch mehr Fahrt aufgenommen. Wir GRÜNE wollen diese Entwicklung noch weiter befördern. Denn nur wenn mehr Bürgerinnen und Bürger vom Auto auf das Fahrrad als Mobilitätsalternative umsteigen, können wir die dringend notwendige Verkehrswende erreichen und die Klimaziele auch im Verkehrsbereich einhalten

Mehr Radverkehr bedeutet weniger Lärm, sauberere Luft und mehr Platz, vor allem in den Städten – so gewinnen alle. Die Vorteile des Radverkehrs erkennen immer mehr Menschen und haben deshalb in ganz NRW die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ unterstützt, deren Inhalte und Ziele mit großer Mehrheit im Landtag beschlossen wurden. Auch bei den Kommunalwahlen im letzten Herbst war die Verkehrspolitik ein wichtiges Thema. Der Grüne Erfolg lässt sich auch auf unser entschiedenes Eintreten für die Verkehrswende und für mehr Radverkehr zurückführen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass auch Taten folgen. Große Hoffnungen lagen dabei auf dem neuen Fahrradgesetz
NRW, das aufgrund der erfolgreichen Volksinitiative von der schwarz-gelben Landesregierung erarbeitet werden
musste. Anfang März hat nun Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) einen Entwurf für ein Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW vorgelegt, der zunächst in die Verbändeanhörung
geht. Bereits zuvor hatten wir GRÜNE ein eigenes Eckpunktepapier mit unseren Ideen und Vorstellungen veröffentlicht, die in einem solchen Gesetz berücksichtigt werden müssen, um den Zielen von „Aufbruch Fahrrad“ gerecht zu werden.

Gesetzentwurf des Landes unverbindlich
Nach eingehender Prüfung des Gesetzentwurfs der Landesregierung können wir leider nur konstatieren, dass dieser in keiner Weise hinreichend sein wird, die Situation für die Radfahrenden kurz- und mittelfristig entscheidend zu verbessern. Das Ziel der Volksinitiative, 25 Prozent Radverkehrsanteil bis zum Jahr 2025 kann damit noch nicht einmal annähernd erreicht werden.

Weder gibt es verbindliche Maßnahmen, die vom Land getroffen werden sollen, noch werden die Kommunen für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur in die Pflicht genommen. Im Wesentlichen enthält der Radverkehrs- und Nahmobilitätsgesetzentwurf bereits heute existierende und damals von Rot-Grün auf den Weg gebrachte Maßnahmen, wie zum Beispiel das Förderprogramm Nahmobilität, die institutionelle Förderung der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte sowie das Zukunftsnetzwerks Mobilität. Neu sind die Festlegung eines Radvorrangnetzes und eines Bedarfsplans für Radschnellwege-Verbindungen. Allerdings sollen diese erst im Laufe der kommenden Jahre erstellt werden. Ziele, Kriterien, Standards oder andere verbindliche Vorgaben sind dabei im Gesetzentwurf nicht definiert.

«Aktionsplan» hilft den Kommunen nicht
Ein „Aktionsplan Nahmobilität“ soll Handlungsschwerpunkte zur Zielerreichung beinhalten und insbesondere für Gemeinden gelten. Aber im Gesetzestext sind weder die Schwerpunkte noch die Ziele formuliert. In der Begründung wird ausgeführt, dass der Aktionsplan keine rechtliche Verbindlichkeit habe,
sondern beispielsweise als Handlungshilfe für die Kommunen zur Verfügung gestellt werde. Das ist doch alles sehr dünn vor dem Hintergrund, dass vor allem die Kommunen als Straßenbaulastträgerinnen
einen Großteil der Radverkehrsinfrastruktur planen und umsetzen müssen. In unseren Grünen Eckpunkten
hingegen machen wir die Vorgabe, dass die Kommunen lokale Radverkehrspläne mit konkreten Ergebnis- und Handlungszielen sowie Strategien zu deren Umsetzung vorlegen müssen.
Da aufgrund des „Konnexitätsprinzips“ das Land den Kommunen keine Aufgaben übertragen darf, ohne für die entstehenden Kosten aufzukommen, schlagen wir einen finanziellen Ausgleich für die neuen Planungsaufgaben in Höhe von einem Euro pro Einwohner*in und Jahr vor. Die Kosten für den Bau von Radwegen werden sowieso vom Land mitfinanziert und neuerdings auch vom Bund gefördert. Das dafür zur Verfügung stehende
Budget muss natürlich auch bedarfsgerecht erhöht werden.

Mehr personelle Ressourcen
Letztendlich ausschlaggebend für eine erfolgreiche Umsetzung selbst der von der Landesregierung vorgelegten wenig ambitionierten Vorgaben zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur sind nicht allein die finanziellen Mittel, sondern vor allem die personellen Ressourcen. Hierfür sind im Gesetzentwurf überhaupt keine Ansätze zu erkennen, die über die bereits im vergangenen Jahr verkündete Einstellung von zehn (!) weiteren Planer*innen bei Straßen.NRW hinausgehen. Diese zehn Mitarbeitenden (von insgesamt über 3.000 Stellen für Landes-und Bundesstraßen) sollen sich um die Planung und Umsetzung insbesondere der Radverkehrsinfrastruktur kümmern.

Mobilität.NRW statt Straßen.NRW
Angesichts der Aufgaben, die bereits heute für den Bau und Erhalt der bisherigen Radverkehrsinfrastruktur des Landes
anstehen – zum Beispiel die seit Langem geplanten aber nur in ganz kurzen Teilstücken umgesetzten Radschnellwege – ist dies geradezu lächerlich. Wir GRÜNE wollen deshalb, wie in einem bereits gestellten Plenarantrag beschrieben, den Landesbetrieb Straßen.NRW zu einem Landesbetrieb Mobilität.NRW umbauen. Die Einbringung des Antrags gibt es hier. Dieser soll zukünftig die Planung und Umsetzung sowohl der Aufgaben des Radverkehrsgesetzes als auch des ebenso dringend notwendigen Ausbaus der Schieneninfrastruktur in NRW übernehmen. Dazu muss sich der Landesbetrieb Straßen.NRW zu einem Dienstleister für eine moderne Mobilitätsinfrastrukturpolitik weiterentwickeln. Mindestens ein Viertel der bislang ausschließlich für den Straßenbau zuständigen Mitarbeiter*innen sollen zukünftig für Planung, Bau und
Unterhalt der Radinfrastruktur zuständig sein, damit das Ziel von mindestens 25 Prozent Radverkehrsanteil am Modal Split auch angemessen personell abgebildet wird. Die Straßeninfrastruktur ist weitgehend fertig gebaut, die Radverkehrsinfrastruktur steckt hingegen erst in den Anfängen, von einem flächendeckenden, sicheren und komfortabel zu nutzenden Radwegenetz wie beispielsweise beim Nachbarn Niederlande
sind wir in NRW noch weit entfernt.

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Fazit: Leider trägt das von Verkehrsminister Wüst vorgelegte Radverkehrs- und Nahmobilitätsgesetz in seinem heutigen Entwurf nicht viel dazu bei, dass sich die Situation zukünftig deutlich
verbessern wird. Wir GRÜNE werden deshalb zur parlamentarischen Befassung eigene Initiativen einbringen. Damit
machen wir klar, wie eine zielgerichtete und konsequente Radverkehrsförderung
aussieht und wie die beschlossenen Ziele der Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ Wirklichkeit werden können